Was ist der Unterschied zwischen einem Gesetzesdschungel und dem Regenwald? Letzterer ist gut fürs Klima.
Spätestens wenn eine Verwaltung so groß wird, dass sie sich selbst verwaltet, ist eine Grenze überschritten. Wo bleibt die alte Idee, dass zwei Gesetze gestrichen werden sollten, bevor ein neues dazukommt? Wenn Verordnungen, die für Ordnung sorgen sollen, selbst eines ordnenden Gesetzes brauchen, dann ist das ein Warnsignal.
Am 6. August 2025 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beschlossen. Positiv: Das Sozialministerium zeigt sich offen für Rückmeldungen. Schon jetzt werden in den Ausschüssen der LIGA doppelte Meldungen und Mehrfachprüfungen gesammelt – alles, was unnötig Bürokratie erzeugt, soll künftig abgebaut werden.
Klar ist auch: Wir brauchen attraktivere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Deshalb sollen die Befugnisse von Pflegefachpersonen erweitert werden. Bisher sind solche Kompetenzen oft an hochschulische Qualifikationen gebunden. Für Fachschulabschlüsse fehlen noch klare Regelungen – hier besteht Nachholbedarf. Denn neue Ideen sollten so durchdacht sein, dass sie nicht wieder neue Regeln nach sich ziehen.
Und: Entbürokratisierung beginnt nicht erst in Berlin. Wenn morgens Postfächer überquellen, weil alle an alle schreiben – ohne Rücksicht auf Mehrwert für den Empfänger –, gibt es auch im Kleinen genug zu tun, um Arbeit einfacher zu machen.
Es gibt die Erzählung von dem Waldarbeiter, der Mühe hatte, einen Baum zu zersägen. Auf die Empfehlung eines Passanten, er solle doch seine Säge schärfen, entgegnete er, dafür keine Zeit zu haben. Manchmal helfen eine Pause und Besinnung. Aber mir scheint, alles wird schneller, und mit zunehmender Geschwindigkeit entfernt sich das Ziel.
Im Zweifelsfall hilft das Bild eines Ameisenstaates. Jede Ameise findet ihre Aufgabe und trägt zum Gemeinwohl bei. Sie brauchen (im Gegensatz zum Bienenvolk) keine Königin und es funktioniert wunderbar.
Die wesentlichen Eckpunkte
a) Was hat sich verändert
Das frühere „Pflegekompetenzgesetz“ heißt nun „Pflegebefugniserweiterungs- und Entbürokratisierungsgesetz“. Der Entwurf wurde stark gekürzt, übrig bleibt vor allem die Ausweitung von Heilkundebefugnissen. Diese gelten zunächst nur modellhaft und in eng umrissenen Feldern (z. B. Wundversorgung, Diabetes, Demenz) für hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen. Zudem soll es ab 01.01.2026 in Kraft treten und vorsichtig Bürokratie abbauen. Die bereits bestehende Pflegefachassistenz wird klarer verortet und gestärkt.
b) Wo sind die Chancen
Das Gesetz wertet den Pflegeberuf auf, da Pflegefachkräfte erstmals eigenständig ärztliche Aufgaben übernehmen können. Dadurch entstehen Handlungsspielräume und Ärzte werden entlastet. Bürokratieabbau schafft mehr Zeit für direkte Pflege, und die Pflegefachassistenz kann Versorgungslücken schließen.
c) Wo ist die Kritik
Die Heilkundebefugnisse betreffen kurzfristig nur sehr wenige Pflegefachpersonen, der Modellcharakter begrenzt die Wirkung. Die Finanzierung ist unklar, und es fehlt Personal für die Umsetzung. Der Bürokratieabbau bleibt eingeschränkt, die Rolle der Pflegefachassistenz ist noch unscharf, und Pflegekräfte waren kaum eingebunden. Insgesamt ein symbolischer Schritt, aber mit vielen offenen Baustellen.
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