In Mecklenburg-Vorpommern droht die geplante Reform die Grundversorgung zu schwächen – warnt Uwe Borchmann, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft MV. Er fordert realistische Lösungen, die den Besonderheiten des Landes gerecht werden.
Ein Gespräch mit Uwe Borchmann
Herr Borchmann, die Krankenhausreform verspricht mehr Qualität durch Spezialisierung. Gleichzeitig drohen kleineren Häusern Einschränkungen oder sogar Schließungen. Wie lässt sich das mit der Realität eines dünn besiedelten Flächenlandes wie Mecklenburg-Vorpommern vereinbaren?
Borchmann: Die Reform ist vor allem für dicht besiedelte Länder wie Nordrhein-Westfalen gedacht. Dort kann man Leistungen, die selten erbracht werden, auf wenige Standorte konzentrieren. In Mecklenburg-Vorpommern geht das nicht – wir brauchen auch kleine Häuser für die Grundversorgung und Notfallvorsorge. Ohne Ausnahmeregelungen wären viele Standorte gefährdet. Wie diese Ausnahmen konkret genutzt werden können, ist allerdings noch unklar.
Gemeinnützige Krankenhäuser arbeiten ohne Renditedruck, aber mit engen finanziellen Spielräumen. Wird die neue Vorhaltefinanzierung diesem Auftrag gerecht?
Borchmann: Leider nicht. Sie ist an Fallzahlen gekoppelt und mit Mindestmengen verknüpft, die für ein dünn besiedeltes Land völlig unrealistisch sind. So gefährdet sie eher die Versorgung, als dass sie sie absichert. Wir fordern deshalb, die Vorhaltefinanzierung auszusetzen und neu zu denken – damit Standorte, die unverzichtbar sind, aber wenige Patienten haben, gestärkt werden.
Der neue Krankenhausplan nennt 37 Standorte – viele davon kämpfen mit Personalmangel. Wie realistisch ist dieser Plan?
Borchmann: Tatsächlich sind es nur etwa 25 somatische Kliniken, also Häuser für die körperliche Versorgung, dazu einige Fachkliniken. Die Erreichbarkeit ist oft eingeschränkt. Und ja – der Fachkräftemangel ist unser größeres Problem. Gerade in ländlichen Regionen wohnen die Mitarbeiter in der Nähe und wollen nicht für jede Umstrukturierung umziehen. Deshalb versuchen wir, möglichst viele Leistungen dezentral zu halten, um Arbeitsplätze vor Ort attraktiv zu gestalten.
Die Reform spricht viel über Strukturen, wenig über Menschen. Wie lässt sich das ändern?
Borchmann: Motivation entsteht, wenn sich für die Mitarbeiter möglichst wenig ändert. Ärzte, Pflegekräfte und alle anderen wollen vor allem Patienten versorgen – nicht mit Bürokratie kämpfen. Unser Ziel ist, ihnen Ruhe am Arbeitsplatz zu lassen und Sicherheit zu geben: Du kannst auch unter neuen Bedingungen gut arbeiten und helfen.
Im ländlichen Raum hängt die Notfallversorgung oft am Rettungsdienst. Wird dieser ausreichend mitgedacht?
Borchmann: Eher nicht. Eigentlich müsste man zuerst die Rettungsdienststrukturen überarbeiten. Ob Schlaganfall in Rostock oder in einem Dorf – er kann überall auftreten. Wenn Wege länger werden, brauchen wir automatisch mehr Rettungsdienst-Kapazitäten. Der vierte Rettungshubschrauber hilft nur bedingt. Wir müssen verhindern, dass Lösungen am Schreibtisch – wie verlängerte Hilfsfristen – die Versorgung verschlechtern.
Wenn Sie einen Wunsch an die Politik frei hätten – welcher wäre das?
Borchmann: Ruhe und Gelassenheit bei der Umsetzung. Die Reform sieht auf dem Papier oft einfach aus, ist in der Praxis aber komplex. Statt alles auf einmal zu ändern, sollten wir vom jetzigen System so viel wie möglich ins neue übernehmen und dann schrittweise anpassen – mit Blick auf Leistungen, Rettungswege und Versorgungssicherheit. Was einmal gestrichen ist, kommt so schnell nicht zurück.
Das Gespräch führte Antje Habermann, DRK-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V.