Pflegebedarf trifft Sozialhilfe – und das ist komplizierter, als es sein sollte
„Hilfe zur Pflege“ – was meint das eigentlich? Frau M., 82, lebt allein, hat Pflegegrad 3 und nur 900 € Rente. Die Pflegekasse zahlt einen Teil der ambulanten Pflege, aber das reicht nicht für Haushaltshilfe und den Eigenanteil. Sie stellt deshalb beim Sozialamt einen Antrag auf Hilfe zur Pflege nach SGB XII, weil sie die nötige Unterstützung sonst nicht finanzieren kann.
Wir erleben, dass zunehmend mehr Anträge auf „Hilfe zur Pflege“ gestellt werden – nicht nur bei uns in M-V, sondern bundesweit. Es nehmen aber nicht nur die Bedarfe zu, sondern auch die Probleme bei der Antragstellung.
Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde eine wesentliche Anforderung der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt. Die Teilhabe am sozialen Leben soll im Vordergrund stehen. Dies erschließt sich aus der Erkenntnis, dass wir nicht alle persönlichen Beeinträchtigungen medizinisch oder technisch ungeschehen machen können, aber wir können Hindernisse entfernen, wo wir sie erkennen. Aufzüge in öffentlichen Einrichtungen und passende Gehsteige an der Bushaltestelle gehören inzwischen zum Alltag. Barrieren abzubauen ist ein Kerngedanke der Inklusion.
Im Sozialgesetzbuch für die „Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ (SGB IX) wurden Vorgaben beschrieben, wie Menschen mit Beeinträchtigungen der Weg zur Teilhabe geebnet werden kann. Aber wie verhält es sich, wenn jemand mit einem Handicap pflegebedürftig wird? Dann kann es schwierig werden, wenn es um die Frage geht, welche Mechanismen in unserem sozialen Sicherungssystem greifen. Fällt dies nun in den Bereich „Pflege“ oder „Rehabilitation“?
Ein Schlüsselbegriff an dieser Stelle nennt sich in der Sozialgesetzgebung „Hilfe zur Pflege“. Wir leben in einem der besten Gesundheitssysteme. Dennoch ist es für Hilfesuchende oft ein steiniger Weg, Zugang zu diesen Hilfen zu finden. Häufig sind Unterstützungsangebote nicht bekannt – oder Betroffene, Angehörige und Sozialarbeiter scheitern an Anträgen, Zuständigkeiten oder Abläufen. Die Gründe dafür lassen sich nicht immer genau benennen. Ob Personalmangel, fachliches Verständnis oder interne Arbeitsabläufe – es gibt nichts, das so gut ist, dass es nicht verbessert werden könnte.
Die LIGA der Wohlfahrtsverbände vertritt Organisationen, die hilfesuchenden Menschen helfen, passende Angebote zu finden und sie bei der Antragstellung unterstützen. Deshalb hat die LIGA zu einem Online-Fachtag am 17.11.2025 eingeladen. Sie möchte Akteure aus der ambulanten und stationären Pflege ins Gespräch bringen.
Zahlreiche offene Rechts- und Verfahrensfragen haben sich inzwischen angesammelt. Ein besonderer Gast ist Dr. Melanie Arndt. Sie ist Anwältin und hat sich in diesem Themengebiet spezialisiert.
Es ist gut, im Gespräch zu bleiben und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln – für die unterschiedlichen individuellen Bedarfe und eine gemeinsame Teilhabe am sozialen Leben. Das darf und muss angesprochen werden, damit die Idee der Inklusion ihre Wirkung entfalten kann.